Stifters Denkmal über dem Plöckensteinsee
 

Adalbert Stifter, historische Ansichtskarte
Zu den frühesten literarischen Werken Adalbert Stifters gehört die Erzählung Der Hochwald (im Tschechischen unter den Namen Vysoký les und Hvozd herausgegeben), die zum ersten Mal 1842, also vor 160 Jahren erschien. Das Interesse der Leser weckte sie damals insbesondere durch die herzgewinnende Beschreibung von Naturschönheiten des Šumava/Böhmerwaldes. Es ging um die Hervorrufung der dem Dichter vertraulich bekannten Werte. In der Landschaft, die er meisterhaft beschrieb und in deren geheimnisvolle Vorgänge er seine Leser einzog, erlebte er ja glückliche Jahre seiner Kindheit im Geburtsort Horní Planá/Oberplan, hier lernte er seine erste Liebe sowie die erste große Enttäuschung kennen und spürte die vertrauensvolle Beziehung zwischen der schönen sowie rauen Böhmerwalder Natur und den Leuten, die sie bewohnten.

Es ist kein Wunder, dass nach dem Tode des Dichters im Jahr 1868 die Idee entstand, ein würdevolles Denkmal "dem Dichter des Böhmerwaldes" gerade an der Stelle zu bauen, über die er in seiner literarischen Liebeserklärung zur Heimat erzählt: Durch alle Wälder und Schluchten, lebend von dem, was mir meine Büchse erwarb, ging ich tagelang, wochenlang, bis - es war eine lichte schöne Stunde - bis der Gedanke dieses Sees wie ein Blitz in meine Seele fuhr, wie ihn mir einst Gregor zeigte, und die Worte sagte: "Auf diesem Anger, an diesem Wasser ist der Herzschlag des Waldes; mir ist, als müßte ich ihn hören, so lieblich und treu, und fester als die Burg eines Königs".

Das Wasser, an dem der Herzschlag des Waldes ist, ist das Wasser des Plöckensteinsees und der Standort des künftigen Stifter-Denkmals sollte gerade in seiner Umgebung sein, genauer auf der steilen Seewand, die sich oberhalb des Wasserspiegels zum Gipfel des Plöckensteins emporhebt.

Adalbert Stifter sollte ursprünglich mit einer großen, direkt in der Seewand ausgehauenen Gedenktafel gehuldigt werden. Die ausgehauenen, zwei Meter hohen Buchstaben sollten ein Zitat vom Stifters Hochwald bilden. Wegen hohen Kosten und technischen Problemen wurde diese Absicht jedoch nicht verwirklicht.

Im Frühling 1876 kam nach Horní Planá (Oberplan) und in die Ortschaft Hiršperky (Hirschberg), heute Jelení, Jordan Kajetan Markus aus Wien, Gründer des dortigen Bundes der Deutschen aus Südböhmen. Der vereinte die in Wien lebenden Gebürtigen aus Frymburk, Vyšší Brod, Horní Planá, Èeský Krumlov, Chvalšiny und weiteren Orten dieses Teils des Šumava. Der Bund bemühte sich unter der Leitung von Markus um die Erinnerung an Verdienste berühmter Böhmerwalder Landsleute und wurde natürlich Initiator des Baus vom Stifters Denkmal über dem Plöckensteinsee.

J.K.Markus machte alles Notwendige ab, gewann den Wiener Architekten Heinrich v. Ferstel für die Zusammenarbeit und nach seinem Entwurf begann er den ganzen Bau zu organisieren. In Jelení vereinbarte er mit Zustimmung des Fürsten von Schwarzenberg mit dem fürstlichen Heger Josef Paleèek die Leitung des Baus. Der wählte von den örtlichen Ansiedlern vier geschickte Arbeiter Johann Saumer, Josef Schröder, Franz Saumer und Franz Stiny.

Der Bau fing bereits im Mai 1876. Als günstigster Platz für das Denkmal wurde der Felsenvorsprung über der Seewand gewählt. Die Arbeit am Bau war schwer. Nur der Weg zur Baustelle dauerte den Arbeitern drei Stunden lang. Aus Jelení gingen sie bereits um vier Uhr morgens. Lebensmittel ließen sie sich immer montags auf einem zweirädrigen, mit Ochsen bespannten Wagen an den Plöckensteinsee bringen und von dort trugen sie sie zur Baustelle hinauf. Hier bauten sie eine "Hütte" - ein typisches Vordach der Böhmerwalder Holzfäller und Jäger.

A. Stifter-Denkmal am Plöckensteinsee, ein hist. Foto, Sammlungsfonds des Bezirksheimatmuseums Èeský Krumlov Plöckensteinsee, ein hist. Foto, Sammlungsfonds des Bezirksheimatmuseums Èeský Krumlov

Drei Tage lang brachten sie notwendiges Werkzeug zur Baustelle und danach suchten sie in der Umgebung nach geeigneten Bausteinen. Der Grundstein des Denkmals, ein 14,5 Meter hoher Obelisk, wächst aus einem Granitmassiv und die Arbeiter bearbeiteten ihn natürlich an Ort und Stelle. Den zweitgrößten Stein fanden sie jedoch erst an der Grenze der Reviere Jelení und Nové Údolí und von dort beförderten sie ihn sechzehn Tage lang auf hölzernen Unterlagen zur Baustelle. Die übrigen Steine waren schon kleiner und stammen aus der nahen Umgebung des Denkmals. Die einzelnen Steine behauten sie nach eigenhändig verfertigten hölzernen Schablonen. Sie arbeiteten immer die ganze Woche bis Samstag, als sie auf dem steilen Steig im dichten Wald nach Jelení hinunter gingen. Hier schafften sie sich neue Vorräte für die nächste Woche an, ließen ihr Werkzeug schärfen und ähnlich.

Das Denkmal wurde noch im Sommer 1876 grob gebaut. Ein Jahr später fugten die Arbeiter das Denkmal aus und hauten Texte aus. Vor dem Denkmal bauten sie ein Aussichtsplateau und auf dessen Grundstein hauten sie ihre Initialen aus.

Die feierliche Enthüllung des Denkmals fand vor 125 Jahren - am 26. August 1877 statt. Eine Festrede hielt J. K. Markus, der an die feste Fessel erinnerte, durch die Adalbert Stifter mit der Natur seiner Heimat verbunden war und die seine Lebensansichten, sein literarisches sowie Malerschaffen markant beeinflusste. Die Verbindung des Denkmals mit Stifters literarischem Schaffen stellen zwei ausgehauene Texte dar: ein Zitat aus der Erzählung Der Hochwald / Hvozd und eine Probe aus dem Gedicht Im Gebirge / V horách.

Man kann kaum zählen, wie viele Bewunderer Stifters oder "bloße" Touristen während der hundertfünfundzwanzig Jahre den Gipfel vom Plöckenstein bestiegen, um sich an der Aussicht auf das Auge der Natur, wie Stifter den Plöckensteinsee nannte, zu ergötzen. Nach Jahren der Verbote und Grenzzäune können diese Gegend bereits dreizehn Jahre lang Leute aus Österreich, Bayern sowie Böhmen frei betreten. Sie bewundern Naturschönheiten, viele ehren das Andenken des Dichters und legen ein bescheidenes Blumensträuschen an das Denkmal. Und wohl die meisten von ihnen fühlen an dieser Stelle und in diesem Augenblick Ruhe und Frieden in ihren Seelen. Und vielleicht spüren mindestens einige in ihrem Inneren das Echo, das der Herzschlag des Waldes hinterlässt.

(pj)

Weitere Informationen :
Plechý (Plöckenstein) und Plešné jezero (Plöckensteinsee)
Adalbert Stifter Steig
Sensitive Karte des Lehrpfad Das Tor zum Gratzener Gebirge


© Sdružení Oficiálního informaèního systému Èeský Krumlov, 2002
Besucherzahl dieser Seite seit 25. Juli 2002 : TOPlist 0

Èeská verzeEnglish version