Es ist kein Wunder, dass nach dem Tode des Dichters im Jahr 1868 die Idee entstand,
ein würdevolles Denkmal "dem Dichter des Böhmerwaldes" gerade an der Stelle zu bauen,
über die er in seiner literarischen Liebeserklärung zur Heimat erzählt: Durch alle
Wälder und Schluchten, lebend von dem, was mir meine Büchse erwarb, ging ich tagelang,
wochenlang, bis - es war eine lichte schöne Stunde - bis der Gedanke dieses Sees wie
ein Blitz in meine Seele fuhr, wie ihn mir einst Gregor zeigte, und die Worte sagte:
"Auf diesem Anger, an diesem Wasser ist der Herzschlag des Waldes; mir ist, als müßte
ich ihn hören, so lieblich und treu, und fester als die Burg eines Königs".
Das Wasser, an dem der Herzschlag des Waldes ist, ist das Wasser des
Plöckensteinsees und der Standort des künftigen Stifter-Denkmals
sollte gerade in seiner Umgebung sein, genauer auf der steilen Seewand,
die sich oberhalb des Wasserspiegels zum Gipfel des Plöckensteins emporhebt.
Adalbert Stifter sollte ursprünglich mit einer großen, direkt
in der Seewand ausgehauenen Gedenktafel gehuldigt werden. Die
ausgehauenen, zwei Meter hohen Buchstaben sollten ein Zitat vom
Stifters Hochwald bilden. Wegen hohen Kosten und technischen Problemen
wurde diese Absicht jedoch nicht verwirklicht.
Im Frühling 1876 kam nach Horní Planá
(Oberplan) und in die Ortschaft
Hiršperky (Hirschberg), heute Jelení, Jordan Kajetan Markus aus Wien,
Gründer des dortigen Bundes der Deutschen aus Südböhmen. Der vereinte
die in Wien lebenden Gebürtigen aus Frymburk,
Vyšší Brod,
Horní Planá,
Èeský Krumlov,
Chvalšiny
und weiteren Orten dieses Teils des Šumava.
Der Bund bemühte sich unter der Leitung von Markus um die Erinnerung
an Verdienste berühmter Böhmerwalder Landsleute und wurde natürlich
Initiator des Baus vom Stifters Denkmal über dem Plöckensteinsee.
J.K.Markus machte alles Notwendige ab, gewann den Wiener Architekten Heinrich
v. Ferstel für die Zusammenarbeit und nach seinem Entwurf begann er den ganzen
Bau zu organisieren. In Jelení vereinbarte er mit Zustimmung des Fürsten von
Schwarzenberg mit dem fürstlichen Heger Josef Paleèek die Leitung des Baus.
Der wählte von den örtlichen Ansiedlern vier geschickte Arbeiter Johann Saumer,
Josef Schröder, Franz Saumer und Franz Stiny.
Der Bau fing bereits im Mai 1876. Als günstigster Platz für das Denkmal
wurde der Felsenvorsprung über der Seewand gewählt. Die Arbeit am Bau war
schwer. Nur der Weg zur Baustelle dauerte den Arbeitern drei Stunden lang.
Aus Jelení gingen sie bereits um vier Uhr morgens. Lebensmittel ließen sie
sich immer montags auf einem zweirädrigen, mit Ochsen bespannten Wagen an den
Plöckensteinsee bringen und von dort trugen sie sie zur Baustelle hinauf. Hier
bauten sie eine "Hütte" - ein typisches Vordach der Böhmerwalder Holzfäller und Jäger.
Drei Tage lang brachten sie notwendiges Werkzeug zur Baustelle und danach
suchten sie in der Umgebung nach geeigneten Bausteinen. Der Grundstein des
Denkmals, ein 14,5 Meter hoher Obelisk, wächst aus einem Granitmassiv und
die Arbeiter bearbeiteten ihn natürlich an Ort und Stelle. Den zweitgrößten
Stein fanden sie jedoch erst an der Grenze der Reviere Jelení und Nové Údolí
und von dort beförderten sie ihn sechzehn Tage lang auf hölzernen Unterlagen
zur Baustelle. Die übrigen Steine waren schon kleiner und stammen aus der nahen
Umgebung des Denkmals. Die einzelnen Steine behauten sie nach eigenhändig
verfertigten hölzernen Schablonen. Sie arbeiteten immer die ganze Woche bis
Samstag, als sie auf dem steilen Steig im dichten Wald nach Jelení hinunter
gingen. Hier schafften sie sich neue Vorräte für die nächste Woche an, ließen
ihr Werkzeug schärfen und ähnlich.
Das Denkmal wurde noch im Sommer 1876 grob gebaut. Ein Jahr später
fugten die Arbeiter das Denkmal aus und hauten Texte aus. Vor dem
Denkmal bauten sie ein Aussichtsplateau und auf dessen Grundstein
hauten sie ihre Initialen aus.
Die feierliche Enthüllung des Denkmals fand vor 125 Jahren - am 26.
August 1877 statt. Eine Festrede hielt J. K. Markus, der an die feste
Fessel erinnerte, durch die Adalbert Stifter mit der Natur seiner Heimat
verbunden war und die seine Lebensansichten, sein literarisches sowie
Malerschaffen markant beeinflusste. Die Verbindung des Denkmals mit Stifters
literarischem Schaffen stellen zwei ausgehauene Texte dar: ein Zitat aus der
Erzählung Der Hochwald / Hvozd und eine Probe aus dem Gedicht Im Gebirge / V horách.
Man kann kaum zählen, wie viele Bewunderer Stifters oder "bloße" Touristen während
der hundertfünfundzwanzig Jahre den Gipfel vom Plöckenstein bestiegen, um sich an
der Aussicht auf das Auge der Natur, wie Stifter den Plöckensteinsee nannte, zu
ergötzen. Nach Jahren der Verbote und Grenzzäune können diese Gegend bereits dreizehn
Jahre lang Leute aus Österreich, Bayern sowie Böhmen frei betreten. Sie bewundern
Naturschönheiten, viele ehren das Andenken des Dichters und legen ein bescheidenes
Blumensträuschen an das Denkmal. Und wohl die meisten von ihnen fühlen an dieser
Stelle und in diesem Augenblick Ruhe und Frieden in ihren Seelen. Und vielleicht
spüren mindestens einige in ihrem Inneren das Echo, das der Herzschlag des Waldes
hinterlässt.
(pj)
Weitere Informationen :
Zu den frühesten literarischen Werken Adalbert Stifters
gehört die Erzählung Der Hochwald (im Tschechischen unter
den Namen Vysoký les und Hvozd herausgegeben), die zum ersten
Mal 1842, also vor 160 Jahren erschien. Das Interesse der Leser
weckte sie damals insbesondere durch die herzgewinnende Beschreibung
von Naturschönheiten des Šumava/Böhmerwaldes. Es ging um die
Hervorrufung der dem Dichter vertraulich bekannten Werte. In der
Landschaft, die er meisterhaft beschrieb und in deren geheimnisvolle
Vorgänge er seine Leser einzog, erlebte er ja glückliche Jahre seiner
Kindheit im Geburtsort Horní Planá/Oberplan, hier lernte er seine erste
Liebe sowie die erste große Enttäuschung kennen und spürte die vertrauensvolle
Beziehung zwischen der schönen sowie rauen Böhmerwalder Natur und den Leuten,
die sie bewohnten.
Plechý (Plöckenstein) und Plešné jezero (Plöckensteinsee)
Adalbert Stifter Steig
Sensitive Karte des Lehrpfad Das Tor zum Gratzener Gebirge